Die Patentschrift zum Drahtkugellager listet dessen Vorteile detailliert auf – und sichert später durch Lizenzerlöse den erfolgreichen Aufbau des Unternehmens.
Die dokumentierte Geschichte des Drahtwälzlagers (zur Zeit seiner Erfindung meist noch als „Drahtkugellager“ bezeichnet) beginnt mit der Patentschrift Nr. 625 461 des Reichspatentamtes vom 23. Januar 1936. Darin wird eine am 3. März 1934 patentierte Erfindung bekannt gemacht. Gegenstand der Erfindung ist „ein Kugellager, bei welchem […] die Laufbahnen der Kugeln aus vier offenen Ringen aus Stahldraht bestehen, welche unmittelbar in Eindrehungen der beiden durch das Lager aufeinander gestützten Körper eingebettet sind“.
Ausgestellt ist die Patentschrift auf die „Firma Carl Zeiss in Jena“. Erfunden hat das Drahtkugellager aber Erich Franke, der seit 1922 als Konstrukteur bei Zeiss arbeitet. Er will damit die Nachteile der bis dahin eingesetzten Kugellager aus gehärteten Stahlringen vermeiden: Besonders bei großen Lagerdurchmessern müssen die Stahlringe sehr dickwandig sein, damit sich Spannungen während des Bearbeitens und Härtens nicht negativ auf das fertige Lager auswirken. Nachteilig sind auch unterschiedliche Ausdehnungskoeffizienten von Ringen und umgebendem Körper, der erforderliche Bauraum und der aufwendige Herstellungsprozess. Anders seine umgangssprachlich oft als „Franke-Lager“ bezeichnete Erfindung: Es vereint durch die gleichmäßige Kraftaufnahme hohe Laufgenauigkeit und Laufruhe – und dies bei deutlich geringerem Platzbedarf und weitgehend freier Werkstoffwahl für den umgebenden Körper. Es lässt sich kostengünstiger herstellen und führt durch den geringen Raumbedarf auch zu Kosteneinsparungen bei der Herstellung des gestützten Körpers.
Wann und wie Franke die Idee zu der revolutionären Erfindung erstmals entwickelt, ist nicht bekannt. Sicher ist aber, dass ihn bei den theoretischen Berechnungen sein Vorgesetzter bei Zeiss, Prof. Dr. Walther Bauersfeld, maßgeblich unterstützt. Er gilt als Erfinder des modernen Projektions- planetariums – und es liegt nahe, dass die Idee zum Drahtkugellager in diesem Zusammenhang entsteht. Gesichert ist aber, dass Erich Franke finanziell an den Früchten seiner Erfindung beteiligt wird. Auch, weil das „Franke-Lager“ schnell zu einem begehrten Produkt für die Sicherheitstechnik wird, etwa für Entfernungsmessgeräte, Periskope und Geschützlafetten. //
Geniale Konstruktion trifft auf wissenschaftliche Brillanz: Der Maschinenbauingenieur und Physiker Prof. Dr. Walther Bauersfeld liefert die umfassenden theoretischen Berechnungen zur Erfindung Erich Frankes und publiziert um 1940 auf 28 Seiten die „Theorie der Drahtkugellager nach Franke“.