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1945
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„Kompetenzraub“: Wie Erich Franke von Thüringen auf die Ostalb kommt

Der erste Eindruck täuscht: Im imposanten Gebäude der Deutschen Bank bewohnt das Ehepaar Franke nach der Ankunft in Heidenheim lediglich ein Zimmer.

Am Ende des Zweiten Weltkriegs ­rücken die amerikanischen Besatzungstruppen schneller nach Osten vor als angenommen und besetzen im April 1945 Thüringen, das aufgrund vorangegangener Abmachungen Teil der sowjetischen Besatzungs­- zone (SBZ) werden soll. Die Amerikaner erkennen schnell das Potenzial von Carl Zeiss in Jena und beschließen kurzerhand, das Know-how des ­renommierten Unternehmens in ihre Besatzungszone zu bringen, bevor Thüringen an die sowjetischen Truppen übergeben wird.

Noch 20 Jahre später kritisiert die in Gera erscheinende DDR-Zeitung „Volkswacht“ unter der Überschrift „So raubten die Amis Jena aus“, dass mit dieser Aktion der Kalte Krieg begonnen habe: Die „US-Imperialisten“ hätten mit ihrer widerrechtlichen Demontage die „gemeinsamen Prinzipien der Anti-Hitler-Koalition“ verlassen.

Wie auch immer, die amerikanischen Besatzer lassen sich im Frühsommer 1945 die Gelegenheit nicht entgehen und starten auch in Thüringen die „Operation Paperclip“, die das Wissen führender deutscher Wissenschaftler und Techniker für die USA nutzbar machen soll. Am bekanntesten ist bis heute der Transfer der deutschen Raketentechniker um Wernher von Braun in die USA.

So weit geht es für die „Zeissianer“ nicht. Führungskräfte, wichtige Mitarbeiter, Maschinen, Konstruktionspläne und Patente werden unter schnell improvisierten, abenteuerlichen Umständen im Juni 1945 nach Heidenheim verlegt – unter ihnen ist auch der hochrangige Konstrukteur Prof. Dr. Walther Bauersfeld. Dieser setzt seinen Mitarbeiter Erich Franke auf eine Wunschliste mit weiterem Personal, die er den Amerikanern übergibt. So kommt auch Franke Ende Juni – kurz vor der Übergabe Thüringens an die sowjetischen Besatzer ab dem 8. Juli 1945 – als Teil des „Hirnraubs“ oder auch „Brain-Drains“ in Heidenheim an. Dort wird er als „Hier völlig unbekannt“ registriert. Ob er seine Heimat und sein Eigenheim gerne Hals über Kopf verlässt, ist unklar. Eine Wahl hat er nicht. Der Wunsch seines Chefs wird in der amerikanischen Besatzungsbehörde zum Befehl zur Evakuierung – die DDR wird später von „Deportation“ sprechen.

Leicht hat es der nunmehr 45-Jährige anfangs nicht. „Flüchtlinge“ sind im Schwabenland wenig willkommen. Und zum Wohnen müssen er und seine Ehefrau sich vorerst mit einer schlichten Einzimmerwohnung im Gebäude der Deutschen Bank in Heidenheim begnügen. Andererseits: Sein bald beginnendes „zweites Leben“ als Unternehmer wäre in der sowjetischen Besatzungszone und späteren DDR undenkbar gewesen. //

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© Heidenheimer Verlagsgesellschaft m.b.H.
© Heidenheimer Verlagsgesellschaft m.b.H.

Von Jena nach Oberkochen: Der „Brain-Drain“ bringt Zeiss – und Erich Franke – 1945 zunächst nach Heidenheim. Unter der Bezeichnung „Zeiss Opton“ entsteht 1946 ein Produktionswerk in Oberkochen. Hier hat auch Erich Franke ab Anfang 1946 seinen Arbeitsplatz als „Oberingenieur“.

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